Mehr als 6000 Schöffinnen und Schöffen wurden in Berlin gewählt und beginnen ab Januar 2014 ihre Amtszeit. Sie sitzen auf der Richterbank und können Fragen stellen, Beweismittel ansehen und stimmen am Ende über das Urteil ab. In dieser Folge spreche ich mit Jens Wiechmann vom Bund Ehrenamtlicher Richterinnen und Richter über das Schöffentum. Wie läuft eine Gerichtsverhandlung ab, was dürfen Schöffen und gibt es für Schöffen eine Aufwandsentschädigung?
Mit Jens Wiechmann und Rico Valtin
Einleitung und Vorstellung 00:00:00
Jens Wiechmann – Bund ehrenamtlicher Richterinnen und Richter – Schöffe – es gibt rund 6000 Schöffen in Berlin – sie wirken wie Berufsrichter an der Urteilsfindung mit – Schöffenauswahl: werden anhand von Quoten gewählt
Gerichte und ihre Aufgaben 00:04:10
Amstgericht für “kleine” Delikte bis vier Jahre Haft – Landgericht von vier Jahre bis Lebenslänglich – drei Richter und zwei Schöffen und manchmal Ergänzungsschöffen – Verwaltungsgericht – an Sozial- und Arbeitsgerichten arbeiten Fachleute als Schöffen –
Wie läuft ein Prozess für die Schöffen ab? 00:10:05
im Januar beginnt die neue Amtszeit für Schöffen – Schöffen werden auf Geschäftsverteilungsplan gelost – jeder hat das Recht auf einen Gesetzlichen Richter – Haupt und Hilfsschöffe – Anklageschrift – Befangenheit – Schöffen werden einmal vereidigt – Staatsanwaltschaft – Angeklagter muss nichts sagen – Beweismittel und Zeugen – Öffentlichkeit vor Gericht – Schöffen sind in der Verhandlung Berufsrichtern gleichgestellt – Rechte und Pflichten – Laptop kann auch in den Gerichtssaal mitgebracht werden – Das letzte Wort des Angeklagten – Geständnis – Staatsanwaltschaft und Verteidigung fassen Prozess zusammen und fordern ein Urteil – in einer Beratung unter Ausschluss der Öffentlichkeit wird mit 2/3 ein Urteil festgelegt – ohne Schöffen ist kein Urteil möglich – von Freispruch bis Lebenslänglich – Urteilsverkündung einer Gesamtstrafe
Vorbereitung 00:46:17
Vorbereitung ist keine nötig – Kugelschreiber und Menschenverstand mitbringen – dem Anlass entsprechend gekleidet – Robe
Was ist mit Arbeit und Entschädigung 00:48:16
Schöffen werden von Arbeitgebern freigestellt – Schöffen erhalten Verdienstausfall von maximal 24 Euro pro Stunde und Aufwandsentschädigung von sechs Euro pro Stunde – Aufwandsentschädigungen werden nicht auf ALG2 & Co angerechnet – Schöffen bekommen Fahrtkosten erstattet
Schöffenwahl 00:56:03
Der Schöffenwahlausschuss wählt für jeden Bezirk Schöffen – die Amtszeit für Schöffen beträgt fünf Jahre – Verabschiedungsgründe gibt es wenige – ein Umzug in eine andere Stadt beendet den Schöffendienst
Bund ehrenamtlicher Richterinnen und Richter & Verabschiedung 00:59:09
Bundesverband – Veranstaltungen für Schöffen – Fit fürs Schöffenamt
Vielleicht kann ich hierzu schon etwas äußern :
ein Gericht (Spruchkörper) z.B. eröffnet dann ein Verfahren, wenn die Verdächtigung hinreichend ist (§203StPO [Strafprozessordnung]). entscheidet sich welches Gericht dafür Zuständig ist (§§ 22 ff GVG[Gerichtsverfassungsgesetzt]). Welcher Spruchkörper wie zusammen gesetzt ist, kann man z.B. unter http://de.wikipedia.org/wiki/Spruchkörper nachschauen.
Wie ein Urteil zu Stande kommt : Grundsatz hierfür ist § 192 Abs.1 GVG – nur die bestimmte Anzahl der Richter darf an der Entscheidung teilnehmen, hier entscheidet sich auch, warum Ergänzungsschöffen an den Beratungen und der Urteilsfindung nicht teilnehmen.
Nach § 261 StPO bildet jeder Beteiligte sich in freier Beweiswürdigung seine eigene Meinung, die er dann auch in der Urteilsberatung vertreten muss. Dazu gibt es aber auch, wie schon im Interview erwähnt, Einschränkungen, welche sich aus der Logik, den Naturgesetzen oder wissenschaftlichen Tatsachen ergeben. Die Beweisführung selbst ist durch § 155 Abs.1 Stopp durch die Staatsanwaltschaft selbst in Hinblick auf Person und Tat begrenzt. Die Abstimmung zum Urteil erfolgt gemäß § 197 GVG. Er darf auch die Abstimmung nicht verweigern wenn er sich in der Würdigung unsicher ist, im Zweifel muss er die für den Angeklagten günstigere Variante annehmen. Auch im weiteren ist es nicht verweigerungsberechtigt (§195 GVG). Für das Zustandekommen eines Urteils (Schuldfrage) ist die Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig (263 StPO). Wie das Urteil ausfällt, richtet sich nach dem Katalog bzw. den Grundsätzen der Strafzumessung nach § 46 StPO (Strafprozessordnung). Hier geht es nach Strafrahmen, Schuldrahmen und die Prognose, ob und wie das Urteil wirken könnte. Vielleicht konnte ich es jetzt ein bisschen ausführlicher und nicht in Aufregung des Gespräches nachvollziehbarer machen.
Weiter gebe ich Herrn Overath Recht, denn zum einen wird das Gesamtthema wirklich nur eher stiefkindlich behandelt und es gibt Bestrebungen, auch diese einmalige Möglichkeit der Ausübung demokratischer Rechte weiter zu Beschneiden oder wenn möglich auch abzuschaffen. Doch dafür gibt es den Bundesverband und die in ihm versammelten Landesverbände, die dem entgegen stehen.
Mit freundlichsten Grüßen
Jens Wiechmann
Herr Wiechmann, Danke für die sehr umfangreiche Ergänzung.
Guten Tag,
bei einem über eine Stunde dauerndem Gespräch ist es verzeihlich, dass nicht alle Antwortenden Herrn Wischmann den gesetzlichen Bestimmungen (GVG, StPO) entsprechen. Stafkammerbesetzung und Ermittlung des Urteils z.B. sind anders geregelt. – Es ist aber löblich, das Gesamtthema anzusprechen, auch wenn es (m. E. begründete) Meinungen gibt, das Schöffenamt abzuschaffen.
Mit internetten Grüßen
Martin Overath
Hauptschöffe im neunten Jahr
Danke für den Kommentar. Sie können gerne Berichtigungen (am Besten mit einem Zeitstempel) hier in die Kommentare schreiben. Wo sind Sie Schöffe?